Stellen Sie sich vor, dass Sie sie überhaupt nicht haben und niemals haben werden. Und Sie sind glücklich, weil Sie sehr gut darauf verzichten können. Ein solches Leben wurde von der deutschen Psychotherapeutin Heidemarie Schwermer bewusst gewählt. Und sie wurde auf der ganzen Welt berühmt.
Auf Geld zu verzichten ist nicht alles. Heidemarie entledigte sich komplett ihres Eigentums, lehnte Versicherungen ab, verschenkte Sachen und den Erlös. Und sie machte sich auf eine lange, oder vielmehr endlose Reise, nur mit einem Koffer, der alles enthielt, was sie brauchte. Wie hat Heidemarie Schwermer 20 Jahre ohne Geld gelebt?
Wie hat alles angefangen?
Heidemarie Schwermer traf mit 53 Jahren die Entscheidung, komplett auf Geld zu verzichten. Ja, in diesem Alter machte sie ein erstaunliches soziales Experiment. Mit 47 zog Heidemarie nach der Scheidung von ihrem Mann nach Dortmund. Vielleicht eine belastende persönliche Situation, oder vielleicht war es einfach passiert, aber Heidemarie begann zu bemerken, wie viele Obdachlose und Bettler auf den Straßen dieser Stadt waren.
Zuvor musste sie Menschen in schwierigen Lebenssituationen helfen. Und Heidemarie begann zu denken, dass in dieser verrückten Welt die menschliche Einstellung zu den Menschen irgendwie verloren ging und das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse gestört wurde. Idealist? Na sicher. Aber wie langweilig wäre die Welt ohne solche Leute.
Austauschnetzwerk “Gib und Nimm”
1994 gründete Heidemarie ein Austauschnetzwerk namens “Give and Take”. Ihre Idee funktionierte nach einem einfachen Prinzip: alles wurde ausschließlich durch Tauschhandel geregelt, das Netzwerk kannte keine Waren-Geld-Beziehungen. Menschen konnten nur Dienstleistungen und Dinge austauschen.
Anfangs sollte das Netzwerk den Armen und Obdachlosen helfen, aber später schlossen sich Rentner, Alleinstehende, Ehrenamtliche dem Geben und Nehmen an. Doch genau die Menschen, für die das Netzwerk geschaffen wurde, die Obdachlosen und Armen, sagte Heidemarie hartnäckig: „Sie, gebildete und erfolgreiche Dame, werden uns nie verstehen“.
Ein Koffer und 200 Euro
Ja, was ist es? Schwermer beschließt, es mit dem Leben eines armen Mannes zu versuchen. Sie bekam einen Job als Tellerwäscherin in einem Restaurant. Vielleicht war es diese Arbeit, die den weiteren Verlauf beeinflusste, oder vielleicht kam Heidemarie einfach zu dem Schluss, dass sie die Menge an Dingen, die sie hatte, nicht brauchte.
Aber bald tat sie einen Schritt, den wahrscheinlich fast jeder Mensch als verzweifelt bezeichnen würde: sie verschenkte ihr Eigentum. Ihre Kinder waren bereits abgereist, daher hatte Heidemarie keine Angst, dass sie ihnen irgendwie ihre Entscheidung vorenthalten würde. Schwermer erinnert sich: „Sobald meine Wohnung leer war, bin ich vor Freude gesprungen.“ Sie teilte dem Eigentümer der Wohnung mit, dass sie diese nicht mehr vermieten würde, schloss ihre Bankkonten und verließ das Haus.
Heidemarie verließ das Haus mit einem Koffer und einem Rucksack und nahm einen kleinen Geldbetrag (200 Euro) als Reserve mit. Und ich begann mein eigenes Experiment. Sie tauschte ihre Arbeitszeit (Psychotherapiesitzungen) gegen Lebensmittel und ein Dach über dem Kopf. Nicht immer waren ihre beruflichen Fähigkeiten für jemanden notwendig. Na und? Sie spülte den Abwasch, mähte den Rasen, kümmerte sich um die Kinder und machte sauber, um das Nötigste zu besorgen.
Der Plan für 1 Jahr und Ergebnis – 20 Jahre
Zunächst plante Heidemarie, ein Jahr lang im Tauschhandel zu leben. Aber nach dieser Zeit wurde ihr plötzlich klar: Sie mag es. Das ist ihre Philosophie, ihre Idee, sie fühlt sich wohl in einem solchen Regime. Und so lebte sie noch weitere 20 Jahre.
Vorträge, Reisen, Buch und Film
Heidemarie Schwermer wurde berühmt. Sie wurde von Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsendern eingeladen. Sie reiste um die Welt, hielt Vorträge über ihre Erfahrung, materielle Dinge aufzugeben, und sagte, dass sie sich dabei wie eine glückliche Person fühle. Diese Vorträge wurden ausnahmslos mit Unterkunft, Essen und manchmal mit Auslandsreisen „bezahlt“.
2003 veröffentlichte Heidemarie Das Geldexperiment vom Himmel. „Mein Leben ohne Geld“, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde. 2006 wurde der Dokumentarfilm Living Without Money über Schwermer gedreht, der weltweit in 30 Ländern gezeigt wurde. Und trotzdem gab Heidemarie all ihre Gebühren und Abzüge für wohltätige Zwecke aus.
Philosophie von Heidemarie Schwermer
Heidemarie Schwermer hat sehr um die Ecke gedacht. Sie sagte zum Beispiel: „Die Welt ist so eingerichtet, dass man alles bekommt, was man zum Leben braucht, ohne überhaupt Geld zu haben. Es genügt zu wollen, und die notwendigen Dinge selbst kommen auf verschiedene Weise.“
Sie gab viele Beispiele aus ihrem eigenen Leben, als die Dinge selbst zu ihr „kamen“, wenn sie sie brauchte. Einmal im Winter, ohne Schal, Mütze und Handschuhe, fand sie sich einfach am „richtigen Ort“ wieder – bei einer Freundin, die gerade ihren Kleiderschrank durchsuchte. Heidemarie musste nicht einmal fragen: Dinge in der richtigen Farbe und Größe „schwebten“ sicher aus dem Schrank. Der Besitzer brauchte sie einfach nicht mehr.
Nun lebt Heidemarie Schwermer nicht mehr. Aber ihre Geschichte erwies sich als so erstaunlich und inspirierend, dass sie viele Anhänger gewann.